Einige der Dinge, die ich immer wieder gefragt werde, wenn Leute von meiner spannenden Arbeit als Sexcoach erfahren: "Welche Klienten siehst du?" "Wie kannst du ihnen helfen und mit welchen Problemen kommen sie zu dir?" "Begleitest du sie bei ihren sexuellen Aktivitäten oder ... *errötet* ziehst du dich aus?" (Spoiler: Nein, ich arbeite gespächsbasiert und sowohl meine Klient:innen als auch ich bleiben vollständig bekleidet.) „Ich habe von Sexualtherapie gehört. Bist du also Sexualtherapeut? Was ist der Unterschied zwischen einem Sexcoach und einem Sextherapeuten?“ Dieser Blogbeitrag befasst sich mit dem Unterschied zwischen Sexcoaching und Sextherapie.
Als klinische Sexologin ermächtige, befähige und helfe ich Klient:innen beim Lernen. Ich entwickle mit meinen Klient:innen Strategien, um ihre sexuellen Ziele zu definieren und zu erreichen. Ich bin sowohl ihre Cheerleaderin als auch ihr Coach. Das bedeutet für mich aber auch, nur mit „gesunden“ und damit coachbaren Klienten zu arbeiten. Ein Sexcoach passt nicht zu dir, wenn du zum Beispiel ein Trauma oder Missbrauch erlebt hast und noch nicht mit einer Therapie an diesen Themen gearbeitet hast, oder wenn du unter Depressionen, Burnout, Angst, Sucht oder anderen psychischen Problemen leidest. Sexcoaches stellen keine Diagnosen und sind nicht darin geschult, psychische Probleme zu behandeln oder Medikamente zu verschreiben. Bevor du Sexcoaching in Betracht ziehst, nimm dir bitte die Zeit, um die Unterstützung zu erhalten, die du benötigen. (Wenn du in Deutschland bist, empfehle ich 116117.de, um schnellstmöglich einen qualifizierten Therapeuten in deiner Nähe zu finden.) Sexcoaching ist das Richtige für dich, wenn du zum Beispiel mehr Freude am Sex finden möchten, mit Libido- oder Orgasmusproblemen zu kämpfen hast, Schuld- und Schamgefühle ablegen oder die Fähigkeit verbessern möchtest, deine sexuellen Wünsche und Bedürfnisse mit Partner:innen zu kommunizieren. Sexcoaches können dich durch sexuelle Blockaden führen, und helfen, Wege zu finden, sie zu beseitigen.
Bitte beachte: Ich bin weder Medizinerin noch Therapeutin, obwohl ich einen Bachelor in Psychologie habe. Ich bin in menschlicher Sexualität ausgebildet und bin Experte für die Lösung sexueller Probleme. Ich bin ein Strategin im Herzen und gern Cheerleader an der Seite meiner Klient:innen. Du bist Experte im Du Sein und so würden wir im Gegensatz zu einer Therapie oder einem Beratungsgespräch mit deinem Arzt auf Augenhöhe arbeiten. Es ist wichtig, dass du dir sowohl der Einschränkungen als auch der Möglichkeiten bewusst bist, die mein Hintergrund mit sich bringt, wenn du einen Partner auswählst, der dich auf deinem individuellen Weg unterstützt. Ich muss allerdings zugeben, dass die Grenzen von Zeit zu Zeit verschwommen sein können. Einige Fälle fallen ganz klar in die Kategorie „Therapiebedarf“ vs. „Coachingbedarf“, andere sind weniger geradlinig. Wende dich gerne an mich oder deinen Therapeuten deiner Wahl, um zu besprechen, welche Art von Unterstützung dir am besten helfen kann.
Was passiert im wirklichen Leben? Beide Berufsgruppen (Therapeuten und Ärzte sowie Coaches) verweisen auf vertraute Kollegen. Dies bedeutet, dass sowohl ein Therapeut, der möglicherweise nicht mit genug Aspekten der menschlichen Sexualität vertraut ist, oder sich nicht damit wohl fühlt, diese Themen zu besprechen, aber auch ein Coach, der bei seinen Klienten möglicherweise einen Bedarf an klassischer Therapie sieht, dir als Klient:in diese Einschätzung mitteilen wird. Beide zeigen ihre Grenzen transparent auf und haben im besten Fall einen Kollegen der entsprechenden Fachrichtung zur Hand, an den sie Klient:innen verweisen können. Sowohl Coaches als auch Therapeuten sind bestrebt, bestmöglich zu helfen. Und manchmal gehört es dazu, keine neue Klientenbeziehung zu beginnen, sondern an einen besser geeigneteren Experten zu verweisen.
Was sagen KOLs (Key Opinion Leaders), jene Experten, die sich jahrzehntelang auf dem Gebiet der Sexualwissenschaft und des Sexcoachings oder der Sexualtherapie bewegt haben, zum Unterschied zwischen Sexcoaching und Sextherapie? Lass uns mit Dr. Patty Britton beginnen, eine Pioneerin diese Felds. In ihrem Buch „The Art of Sex Coaching: Expanding your Practice (2005)“ erklärt sie, dass Sexcoaching (vs. Therapie) auf die Gegenwart ausgerichtet ist und auf die Zukunft hinarbeitet, indem der Coach herausfindet, „wie der Klient es morgen besser machen kann“. Ein Sexualtherapeut würde „in der Vergangenheit beginnen, um herauszufinden, warum ein Klient sexuelle Hürden hat“. Dr. Patti skizziert weiter, dass der Coaching-Ansatz „klientenzentriert“ und „dynamisch“ ist, da der Coach „aktive Vorschläge machen, Ratschläge geben oder (…) einen Klienten zu einer Exkursion begleiten kann. Die Coaching ist „nicht hierarchisch“ und „empowerment-fokussiert“.
Sandra Leiblum brachte weiter zum Ausdruck, dass Sexualcoaching auf den Methoden einer effektiven Sexualtherapie mit persönlicher Sexualerziehung im Kern aufbaut. Während die Therapie die Vergangenheit eines Klienten oder einer Klientin untersucht, um zu helfen, mit der Gegenwart fertig zu werden, konzentriert sich Coaching darauf, auf der Gegenwart aufzubauen und eine starke Zukunft zu schaffen. Ein Coach kann Klient:innen helfen, sich der Motivationen und Hürden bewusst zu werden, und dabei anleiten, Veränderungen in der Herangehensweise an Probleme und Ziele vorzunehmen. Coaches identifizieren, wo Klient:innen auf einer Larte stehen, und fragen: „Wohin sollen wir als nächstes gehen?" AASECT unterscheidet und definiert Sexualtherapeuten als lizenzierte Fachleute für psychische Gesundheit, die in der Beurteilung, Diagnose und Bereitstellung von Tiefenpsychotherapie geschult sind und auf die Behandlung von Klienten mit sexuellen Problemen und Bedenken spezialisiert sind.
Übrigens: Während der Zugang zu geschützten Berufen staatlich geregelt ist, ist Coaching und damit auch Sexcoaching noch kein geschützter Beruf. (In Deutschland) braucht man eine dreijährige Ausbildung, um Bäcker oder Friseur zu werden, noch mehr, um Rechtsanwalt, Lehrer oder Buchhalter zu werden. Allerdings braucht man buchstäblich keinen Ausbildungsnachweis, um als Coach zu arbeiten. Wenn du wolltest, könntest du dich bis morgen Sexcoach nennen. Zertifizierte Fachleute auf dem Gebiet der klinischen Sexologie werden jedoch in der Regel von Organisationen AASECT (in den USA der Ursprung oder der Beruf) oder WASC anerkannt. Erkunde gerne diese Ressourcen für weitere Informationen. Ich persönlich wünsche mir weitere Regulierungen im Bereich Coaching, um die Verantwortung, die Coaches übernehmen, voll und ganz anzuerkennen und Klienten bei der Suche nach einem vertrauenswürdigen und qualifizierten Coach zu unterstützen. Die Verbände auf diesem Gebiet sind natürlich ein guter Ausgangspunkt, aber ich würde gerne mehr Regulierung sehen, wenn diese Berufsgruppe wächst.
Meiner persönlichen Meinung nach sind für klinisch gesunde Klienten sowohl Sexcoaching als auch Sexualtherapie im Wesentlichen zwei Ansätze oder Werkzeuge, aus denen man je nach bevorzugtem Arbeitsstil wählen kann. Wie gehst du in deinem Berufsleben an Problemlösungen heran? Bist du ein lösungsorientierter Go-Getter, der darauf aus ist, voll durchzustarten? Jemand, der schnell den Status quo und eventuelle Hürden einschätzen kann? Nutzt du gerne Erkenntnisse aus früheren (Miss-) Erfolgen (sowohl deine eigenen als auch die deiner Kollegen) intelligent umzusetzen, um einen gut durchdachten Aktionsplan auf den Weg zu bringen? Dann ist Coaching vielleicht dein bevorzugtes Werkzeug. Hattest du in deinem Berufsleben bereits die Unterstützung von einen Business Coach und damit Zugang zu gut funktionierenden Short-Cuts und der entlastenden Wirkung gemeinsam mit einem anderen Experten(-Coach) Hürden zu meistern? Würdest du den gleichen Ansatz für dein Sexleben in Betracht ziehen? Warum sollte Coaching, das im Berufsleben so unglaublich weit verbreitet und als fantastischer Weg akzeptiert ist, nicht auch in anderen Lebensbereichen denselben Mustern folgen?
Zum Weiterlesen/Hören:
A brief 2 min excerpt from a Ted Talk and an interview on: Why everyone needs a coach by Bill Gates & Eric Schmidt.
A very inclusive summary with links to academic research findings and international studies capturing coaching statistics: The ROI of Coaching in 2021 by Luiza Zhou
Check out WAS, the World Association of Sexual Health and WASC, the World Association of Sex Coaches or the list of educational institutions accredited by the American College of Sexologists International to dig deeper.
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